Zwei Erzählungen, die sich thematisch und stilistisch sehr unterscheiden, die sich jedoch beide mit existenziellen Fragen beschäftigen: „Stroke Unit“ schildert das Schicksal eines Mannes Ende 50, der ohne jede Vorwarnung einen Schlaganfall erleidet. Er wird in der Bonner LVR-Klinik auf der Stroke Unit medizinisch versorgt und erlebt dort teilweise skurrile Dinge, die seiner Genesung jedoch durchaus förderlich sind. Gesterkamp räumt ein, dass sein eigenes Schicksal für die Erzählung Pate gestanden hat. Der Deutschlandfunk-Redakteur erlitt im April selbst einen Schlaganfall, von dem er sich aber inzwischen nach eigenen Angaben recht gut erholt hat.

„Besuch in Breslau“ wiederum ist eine Erzählung, die der Autor schon vor seiner Erkrankung geschrieben hat. In ihr besucht ein Mann aus touristischem Interesse das heute polnische Breslau und gerät plötzlich mitten in seine eigene Familiengeschichte. Sein Großvater war nämlich in den 30er Jahren Richter am Landgericht der schlesischen Großstadt. Im März 1933 stürmte die SA das Gerichtsgebäude, um die jüdischen Juristen vom Dienst zu entfernen. Die Mehrheit der Richter war allerdings damit nicht einverstanden und beschloss, alle Prozesse abzusagen und die Justiz zu blockieren. Stilistisch wechselt die Ich-Perspektive in dem Text mehrfach vom Enkel zum Großvater und zurück, was eine eindringliche Nähe zum Geschehen erzeugt.